„Verkehrspolitik aus dem letzten Jahrtausend“
Als „Verkehrspolitik aus dem letzten Jahrtausend“ bezeichnen die Fahrgastverbände PRO BAHN, Pro Bahn & Bus im Deutschen Bahnkundenverband und der Kreisverband des Verkehrsclubs Deutschland die Wünsche des Staufenberger Bürgermeisters Peter Gefeller nach einer innerörtlichen „Umgehungsstraße“ für Treis auf der Trasse der Lumdatalbahn.
Während mittlerweile auch bei konservativen Politikern angekommen ist, dass auch auf dem Land der Nahverkehr ausgebaut werden muss und dafür Bahnstrecken wie die Lumdatalbahn oder die Horlofftalbahn reaktiviert werden sollen, möchte Herr Gefeller immer noch weitere Straßen bauen. Dabei ist längst wissenschaftlich belegt, dass neue Straßen nur neuen Verkehr anziehen. Dafür den ökologisch sinnvollsten Verkehrsweg Schiene zu opfern, ist ein völlig falscher Ansatz. Stattdessen gilt auch für Bus und Bahn: durch gute Angebote wird eine Nachfrage erzeugt und es findet eine Verlagerung "in sinnvolle Bahnen" statt.
Die Alternative zu mehr Straßenverkehr kann nur in der Schaffung von neuen Verkehrsangeboten liegen. Das Fahrrad und die Bahn spielen dabei eine entscheidende Rolle für die Lösung der Verkehrsprobleme des einwohnerstarken, aber strukturschwachen Stadtteils Treis und des ganzen Lumdatals. Ihnen die Wege zu nehmen, wäre Verkehrspolitik, die nicht zu den notwendigen Klimazielen passt.
Eine Treis ein zweites Mal zerschneidende Autotrasse wird zudem weite Teile des Ortes zusätzlich rund um die Uhr verlärmen und durch die Einbahnstraßenregelung für zusätzlichen innerörtlichen Verkehr sorgen.
Herr Gefeller irrt im Übrigen, wenn das normale Förderverfahren der Lumdatalbahn als Weitergabe des Schwarzen Peters bezeichnet. Fördermittel werden von oben nach unten, vom Bund über die Länder in die Regionen weitergeleitet. An der Spitze des Entscheidungsweges steht bei Schienenstrecken der Bund. Das sollte ein Bürgermeister wissen, das hat nichts mit einem Schwarzen, Roten oder Grünen Peter zu tun.
Vor wenigen Jahren schlug Bürgermeister Gefeller den Bau einer eigenen Asphaltspur für Busse als „Schnellfahrstrecke“ auf der Lumdatalbahntrasse vor. Diese Idee hat sich als Rohrkrepierer herausgestellt und fand bei niemandem ein positives Echo. Sie wäre auch technisch kaum umsetzbar gewesen. Bürgermeister Gefeller muss sich die Frage stellen lassen, inwiefern seine politischen Aussagen überhaupt im Ansatz der Sinnhaftigkeit und Seriosität genügen.
Die Fahrgastverbände nehmen die Vorstöße von Bürgermeister Gefeller zum Anlass, die führende Rolle des Landes Hessen bei der Reaktivierung und langfristigen Sicherung von Bahnstrecken zu bekräftigen. Es darf nicht dazu kommen, dass die Reaktivierung von Bahnstrecken durch eine einzelne Kommune blockiert wird. Eine vernünftige Bahnpolitik in der Region folgt auch dem Solidarprinzip. Für Rabenau-Londorf, Allendorf/Lumda und auch für den Staufenberger Stadtteil Treis fallen die Fahrzeitverbesserungen durch die Lumdatalbahn deutlicher aus als für das untere Lumdatal. Bürgermeister Gefeller ist aber offensichtlich nicht bereit, diesen solidarischen Weg mitzugehen und stellt sich damit sowohl gegen die Linie seiner sozialdemokratischen Partei im Kreis als auch gegen seinen grünen Bündnispartner.
Die Verbände erinnern in diesem Zusammenhang nochmals an die negative Rolle der Stadt Staufenberg beim Stilllegungsverfahren der unteren Lumdatalbahn Lollar - Mainzlar nach Ende der Güterbedienung zum Hartsteinwerk Ende 2016. Die Stadt Staufenberg hat keinerlei Versuche unternommen, die Bahn in Betrieb zu halten und damit die damals schon intensiv diskutierte Reaktivierung für den Personenverkehr erschwert. Durch die Stadtentwicklungsgesellschaft Staufenberg hatte die Stadt Staufenberg die Entscheidung über den Weiterbetrieb oder die Stilllegung der zuvor angepachteten Strecke direkt in der Hand. Mit gutem Willen wäre sicher eine für Staufenberg kostenneutrale Lösung zu finden gewesen.
Im Gegensatz dazu haben beispielsweise die Gemeinde Wölfersheim und die Stadt Hungen extra ein Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen beauftragt, um die ebenfalls zu reaktivierende Horlofftalbahn zu erhalten und Pflegearbeiten durchführen zu lassen. Nicht zuletzt dadurch wird die Reaktivierung der Horlofftalbahn um einiges früher erfolgen können als die der Lumdatalbahn.