Gießen: Neue Stationen an Bahnlinien geplant
In den vergangenen Wochen hat sich das Gießener Stadtparlament dafür ausgesprochen, an bestehenden Bahnstrecken zusätzliche Haltepunkte einrichten zu wollen.
Geplant sind:
Vogelsbergbahn / Lahn-Kinzig-Bahn: Haltepunkt zwischen Ebelstraße und Aulweg
Vogelsbergbahn: Haltepunkt am ehemaligen US-Depot
Main-Weser-Bahn: Haltepunkt Gießen-Nord Nähe Neuer Friedhof
Pro Bahn & Bus: Neue Haltestellen nur mit Streckenausbau
Der Fahrgastverband Pro Bahn & Bus begrüßt die Initiative der Stadt Gießen, weitere Haltepunkte auf dem Stadtgebiet einzurichten. „Mit den neuen Haltepunkten wird Gießen viel besser mit der Bahn erschlossen“, so Jürgen Lerch, Vorsitzender des Regionalverbands Mittelhessen. Allerdings dürfen die neuen Halte nicht dazu führen, dass andere Stationen weniger oder gar nicht bedient werden.
So fahren heute an der Vogelsbergbahn schon in Saasen und Göbelrod Züge in manchen Stunden durch, weil für den Halt an den beiden Stationen die Zeit fehlt. Kritisch wird es bei den Verstärkerzügen, die den Stundentakt der Vogelsbergbahn zum Halbstundentakt verdichten. Sie verlassen Gießen zur Minute 20 und verkehren bis Mücke. In Mücke wenden die Züge innerhalb von 4 Minuten und fahren zurück nach Gießen. Würden die beiden neuen Stationen an der Ebelstraße und am Depot mit bedient, wäre in Mücke nicht mehr genug Zeit, um die Züge dort wenden zu lassen.
Die Folge: Die Verstärkerzüge können nur noch bis Grünberg fahren. Der wichtige Bahnhof Mücke mit dem größten P&R-Parkplatz an der Vogelsbergbahn wird vom Halbstundentakt abgehängt. Der Fahrgastverband empfiehlt deshalb, die Auswirkungen der geplanten Haltepunkte auf den Fahrplan genau zu untersuchen, bevor hier Investitionsentscheidungen getroffen werden, die für andere Kommunen Nachteile mit sich bringen.
Probleme sieht der Fahrgastverband auch mit der Fahrzeit zwischen Gießen und Großen Buseck. Diese beträgt heute 9 Minuten mit einem Zwischenhalt an der Licher Straße. Kommen zwei Zusatzhalte hinzu, verlängert sich die Fahrzeit um 4 Minuten auf 13 Minuten auf dem eingleisigen Abschnitt.
„Mit einer so langen eingleisigen Strecke besteht die Gefahr, dass sich schon geringe Verspätungen auch auf die Gegenrichtung übertragen“ so Lerch. „Bei vier Zügen pro Stunde, wie heute schon über einen längeren Zeitraum pro Tag gefahren wird, hätte man nur zwei Minuten Verspätungspuffer, bis der Zug in die Gegenrichtung auf die Strecke gehen muss. Ohne einen Ausbau der Gleisinfrastruktur mit längeren Begegnungsabschnitten machen die neuen Haltepunkte an der Vogelsbergbahn keinen Sinn.“
Der Fahrgastverband empfiehlt allen Anrainerkommunen der Vogelsbergbahn deshalb in einem ersten Schritt, sich Gedanken über das zukünftige Fahrplanangebot zu machen. Darauf aufbauend kann dann die Infrastruktur mit zusätzlichen Kreuzungsbahnhöfen, zweigleisigen Abschnitten und neuen Stationen geplant werden.
Wichtig ist dabei für Pro Bahn & Bus, dass die Fahrzeiten weiterhin halbwegs konkurrenzfähig zum Auto bleiben. Jeder zusätzliche Stopp verlängert die Reisezeiten und macht die Bahn weniger attraktiv. Für längere Strecken fordert der Fahrgastverband einen Regionalexpress-Stundentakt, wobei die Züge nur an den großen Stationen halten. Zwischen Mücke und Gießen wäre das Angebot mit einem zusätzlichen Halbstundentakt von Regionalbahnen zu ergänzen, welche alle Stationen S-Bahn ähnlich bedienen.